Israel 2013

Vom 15. November bis zum 21. November 2013 weilten zum zwölften Mal Orchestermitglieder des Bläserensembles Riesa in Israel und im palästinensischen Autonomiegebiet. Seit 2002 gehören diese Reisen zum festen Bestandteil unserer jährlichen musikalischen Arbeit, sie erfordern eine langfristige, intensive organisatorische Vorbereitung und eine entsprechende Motivation bei allen teilnehmenden Musikern unseres Orchesters. Alle bisherigen Konzerte des Bläserensembles Riesa in Israel und Palästina fanden vor einem dankbaren und begeisterten Publikum statt, immer wurde der Wunsch und die Erwartung geäußert, dass wir im kommenden Jahr wieder vor Ort sind. Ein guter Beweis für die richtige Auswahl des Repertoires und die Qualität der Interpretation.

Die zwölfte Reise des Bläserensembles Riesa in den Nahen Osten fand in einer relativ entspannten politischen Situation statt. Das war in den vergangenen Jahren nicht immer der Fall. 2012 eskalierten die Kämpfe um den Gaza-Streifen und der Raketenbeschuss israelischen Staatsgebietes vor und während unserer Reise. Die Berichterstattung in den Medien war sehr beunruhigend. Zu keiner Zeit haben wir aber daran gedacht, diese Reise und damit unsere vereinbarten Auftritte in Israel abzusagen. Bei allen Partnern hat die Selbstverständlichkeit dieser Haltung große Hochachtung hervorgerufen und unser erneuter Besuch war auch deshalb besonders willkommen.

Die zeitliche Planung unserer Reise wird seit 2006 von der Gedenkfeier der Deutschen Botschaft in Israel anlässlich des Volkstrauertages auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Nazareth bestimmt. Am 17. November 2013 hat das Bläserensemble Riesa dieses Zeremoniell zum achten Mal in Folge musikalisch umrahmt. Die Anzahl der Gäste, darunter Vertreter der Kirchen in Israel und der diplomatischen Vertretungen der in Israel akkreditierten Länder, war auch bei der diesjährigen Gedenkfeier ausgesprochen groß. Zum zweiten Mal seit 2012 nahm eine Abordnung der Israelischen Streitkräfte an der Zeremonie teil. Zum Gedenken an den im 1.Weltkrieg gefallenen deutschen Soldaten jüdischen Glaubens Albert Gerechter hat Rabbi Lieutenant Yehuda David das Kaddish, das jüdische Totengebet, gesprochen. Die Auswahl des Repertoires zur musikalischen Umrahmung wurde von uns sehr sorgfältig und auf den Erfahrungen der letzten Jahre aufbauend vorgenommen. Wir sind dabei besonders auf die internationalen Gäste eingegangen. Für das jüdische Kaddish-Gebet wählten wir nach gewissenhaften zeitaufwändigen Recherchen eine der Würde des Anlasses passende israelische Komposition aus. Am Vorabend des Volkstrauertages haben wir in Bethlehem nochmals alle Konzertstücke für die Gedenkfeier intensiv geprobt. Eine Anspielprobe und Absprache des Programmablaufes erfolgte vor der Gedenkfeier.
Wie in den vergangenen Jahren haben sich die geladenen Gäste, darunter hochrangige Vertreter der Botschaften sowie kirchliche Würdenträger, in persönlichen Gesprächen mit unseren Musikern, aber auch gegenüber Vertretern der Deutschen Botschaft, mit lobenden Worten über die musikalische Leistung des Riesaer Orchesters geäußert.
Dabei wurde betont, dass wir in den vergangenen Jahren auch in sehr schwierigen Zeiten nach Israel gekommen sind und angesichts von Gewalt und militärischen Auseinandersetzungen ein Zeichen des Friedens und der Verständigung gesetzt haben.

Besonders der israelische Militärrabbiner Lieutenant Yehuda David hat diesen Inhalt mit eindrucksvollen Worten zum Ausdruck gebracht. Die Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsattachè-Stab der Deutschen Botschaft in Vorbereitung und Durchführung der Gedenkfeier war wie immer überaus angenehm und konstruktiv.
Begonnen haben wir die diesjährige Reise in Bethlehem im Palästinensischen Autonomiegebiet. Nach touristischen Aktivitäten am Samstagvormittag, Besuch des Wüstenklosters Mar Saba und einer kurzen Stadtbesichtigung in Bethlehem, stand am Nachmittag ein Workshop mit Musikschülern des Edward Said National Conservatory of Music in Beit Sahour auf dem Programm. Beit Sahour ist eine palästinensische Kleinstadt in unmittelbarer Nähe zu Bethlehem. Dieser Workshop diente der Vorbereitung eines gemeinsamen Konzertes am Abend im Stadtzentrum von Bethlehem. Von unserer Seite war diese gemeinsame Probe durch die Auswahl eines spielbaren gemeinsamen Repertoires gut vorbereitet worden, wir hatten dem Konservatorium auch das entsprechende Notenmaterial rechtzeitig zukommen lassen. Das Leistungsniveau der jungen Musiker aus Beit Sahour war sehr unterschiedlich, das war während der Probe und auch beim Konzert deutlich festzustellen. Sie gehörten aber zweifellos alle den sozial besser gestellten Familien in Beit Sahour an. Trotz bestimmter Schwierigkeiten haben alle Teilnehmer sehr eifrig an der gemeinsamen Probe mitgearbeitet.
Das gemeinsame Konzert im Arab Women`s Union Center, einem Mehrzweckbau im Stadtzentrum von Bethlehem, war von der Leitung des Konservatoriums sehr gut vorbereitet worden. Der Werbung über Rundfunk und Presse war ein zahlreiches Publikum aus Bethlehem, Beit Sahour und Beit Jala gefolgt, darunter natürlich die Eltern der jungen palästinensischen Musiker. Eröffnet wurde das Konzert mit einer Begrüßungsansprache durch Frau May Jaber, einer Vertreterin der Universität Bethlehem.
Alle Titel des Konzertes, besonders aber die gemeinsam musizierte Hymne Palästinas, wurden mit anhaltendem Beifall honoriert.
Bei der Auswahl des Repertoires konnten wir auf die Erfahrungen zahlreicher Konzerte vor arabischem Publikum zurückgreifen. Jeder Titel wurde von den Konzertbesuchern aufmerksam und begeistert aufgenommen.

Am Schluss des Konzertes wurde zwischen dem Edward Said National Conservatory of Music Beit Sahour und dem Bläserensemble Riesa ein Partnerschaftsvertrag unterzeichnet. Eine entsprechende Urkunde hatte der Leiter des Konservatoriums, Herr Jalil Elias, vorbereitet. Besonders beeindruckend für die Musiker des Bläserensembles Riesa war aber, dass sich alle Schüler und Lehrer aus Beit Sahour, die am Konzert teilgenommen hatten, ausnahmslos sehr herzlich für dieses Erlebnis bedankt haben. Viele brachten zum Ausdruck, dass sie zum ersten Mal die Möglichkeit nutzen konnten, in einem richtigen Orchester mitzuwirken. Diese Reaktion war für uns eine sehr schöne Bestätigung der geleisteten Arbeit.

Das Konzert in der Walworth Barbour American International School in Even Yehuda, nördlich von Tel Aviv, stand zweifellos unter ganz anderen Vorzeichen. Schon in der Vorbereitung mussten wir auf den internationalen Charakter dieser Einrichtung Rücksicht nehmen. Die Musiker des Bläserensembles Riesa haben hier ganz besonders die Vielfalt der Bevölkerung Israels in ethnischer und religiöser Hinsicht kennengelernt: Israelis, israelische Araber, Kinder von Diplomaten und Geschäftsleuten aus aller Welt, Juden, Muslims und Christen. Von Anfang an war die gegenseitige Toleranz unter den Schülern und seitens der Schulleitung deutlich spürbar. Die gemeinsame Probe am Nachmittag des 18. November wurde von beiden Seiten sehr gut vorbereitet. Per Internet konnte ein interessantes Repertoire erstellt werden, angepasst an das jeweilige Leistungsniveau der verschiedenen Instrumentalgruppen der Schule, die dann mit dem Bläserensemble Riesa musizierten. Diese Probe diente natürlich der Vorbereitung des gemeinsamen Konzertes, war aber für sich schon ein Erlebnis für alle Beteiligten. Zeitlich wurde jedoch seitens der Gastgeber deutlich überzogen. Alle Bläser hatten ansatzmäßig ihre Leistungsgrenze erreicht und die einstündige Pause zwischen Probe und Konzert war gerade noch zur Erholung ausreichend.

Den ersten Teil des Konzertes am Abend gestalteten als Gäste die Musiker des Bläserensembles Riesa mit Werken deutscher Komponisten, aber auch unter Betonung eines weitgefächerten, internationalen Repertoires. Die positive Aufnahme durch das Publikum, das große Auditorium der Schule war bis auf den letzten Platz gefüllt, wurde durch anhaltenden und begeisterten Beifall deutlich. Besonders die jungen Musiker der verschiedenen Instrumentalgruppen der Schule, die unser Orchester bisher nur von der gemeinsamen Probe kannten, gehörten zu den dankbarsten Zuhörern.

Nach einer durch interessante Gespräche ausgefüllten Pause wurde dann das Konzert mit unserem deutsch-israelischen Orchester fortgesetzt. Zur Aufführung kamen jetzt die in der gemeinsamen Probe erarbeiteten Titel. Das an einem Probennachmittag erreichte Ergebnis war hervorragend.

Die israelischen Musiker und Instrumentalgruppen wechselten oder wurden in diesem zweiten Konzertteil ergänzt. Vermutlich waren alle Schulangehörigen der Walworth Barbor American International School, die ein Instrument beherrschen oder noch erlernen, in das Konzert einbezogen. Zum Schluss waren auf der Bühne über 80 Musiker unterschiedlichen Alters und unterschiedlichster Nationalität aus Deutschland und Israel zum gemeinsamen Musizieren versammelt. Der Höhepunkt des Konzertes war zweifellos die Komposition „A Prayer for Peace“ von Doron Levinson, gesungen von einem Mädchenchor der Schule und begleitet von den Musikern des Bläserensembles Riesa. Doron Levinson wurde als junger Soldat im Yom-Kippur-Krieg schwer verwundet, war jahrelang blind und setzt sich seit dem sehr engagiert für die Versöhnung zwischen Israelis und Palästinensern ein. Der Text des Liedes bringt diesen Versöhnungswillen sehr stark zum Ausdruck. Das Bläserensemble Riesa hatte die Komposition speziell für dieses Konzert vom israelischen Arrangeur Eldat Shrem für Chor und Bläser bearbeiten lassen. Die Anwesenheit des Komponisten Doron Levinson während des Konzertes und seine verbindenden Worte vor dem Erklingen des „Prayer for Peace“ haben bei allen Mitwirkenden und Zuhörern einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen.

Das Publikum, darunter zahlreiche Eltern der teilnehmenden Schüler, war von der Gesamtwirkung des Konzertes sehr beeindruckt. Auch Angehörige der Deutschen Botschaft in Israel, die zu den Konzertbesuchern zählten, sprachen sich außerordentlich anerkennend über die gemeinsame Leistung aus. Es wurde zum Ausdruck gebracht, dass die Musiker des Bläserensembles Riesa unser Land und besonders den Freistaat Sachsen in hervorragender Weise repräsentiert haben. Vom Probebeginn um 15.00 Uhr bis zum Schluss des Konzertes gegen 21.30 Uhr waren über sechs Stunden vergangen, unterbrochen durch eine kurze Pause. Für Laienmusiker eine beachtliche Leistung.

Alle Beteiligten, seitens der Schule und des Bläserensembles Riesa, möchten dieses gemeinsame Konzert in Even Yehuda als gute Grundlage für eine weitere, gegenseitig nutzbringende Zusammenarbeit werten. Es wurden Überlegungen zu einem Gegenbesuch der Musiker aus Israel in Sachsen getroffen. Als Anlass könnte sich eine Schülerbegegnung Sachsen – Baden-Württemberg anbieten, die im Oktober 2014 in Riesa stattfinden wird.

Unser nun schon traditionelles Konzert in der Dormitio Basilika in Jerusalem, einer der größten Kirchen der Stadt, bildete einen würdigen Abschluss unserer Reise. Mit der Benediktiner Abtei dieser Kirche verbindet das Bläserensemble Riesa schon seit 2002 eine freundschaftliche Beziehung. Entsprechend gut ist deshalb in jedem Jahr die notwendige Konzertvorbereitung durch Probemöglichkeiten in der Kirche, Plakate und Werbung in ganz Jerusalem. Unser Konzert am 20. November 2013 war sehr gut besucht, unter den zahlreichen internationalen Gästen befand sich auch der Botschafter der Niederlande in Israel. Mit dem ehemaligen Oberrabbiner Chiles, der ebenfalls zu den Konzertbesuchern zählte, konnten wir uns sehr angeregt über die Reise nach Chile 2012 unterhalten. Besonders interessiert zeigte er sich über unser Konzert im jüdischen Seniorenheim von Santiago de Chile. Solche Gespräche vermitteln den Musikern des Bläserensembles Riesa immer wieder den kosmopolitischen Charakter des Heiligen Landes und besonders der Stadt Jerusalem.

Für alle Orchestermitglieder des Bläserensembles Riesa waren die Tage in Israel und im Autonomiegebiet mit vielen neuen Erfahrungen verbunden. An den fünf Aufenthaltstagen hatten wir täglich Konzerte oder die dazu notwendigen Proben, es war also auch eine sehr arbeitsreiche und anstrengende Reise. Die besondere Bedeutung sehen wir in der Kontinuität unserer Auftritte in Israel und wir hoffen, dieses Wirken auch in Zukunft fortsetzen zu können.

Bläserensemble Riesa